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Schiffstyp Haikutter


Versuch einer Definition

Dänisch: Hajkutter, auch Haj oder Hajer; Englisch: hayer, shark, shark cutter

Subtyp des -> Snurrewadenkutter (Dreh- oder Kreiselwadenkutter); Dänisch: snurrevodskutter; Englisch: danish seiner, danish anchor seiner

Snurrewadenkutter

Um 1880 führte man an der dänischen Nordseeküste und am Skagerrak vor allem in Esbjerg und Frederikshavn den Fischfang mit der Snurrewade ein. Dies ist eine sehr schonenden Fangmethode für Plattfische.

Die dafür eingesetzten hochseetüchtigen Fischereifahrzeuge aus Holz bedienten sich stets eines großen Beibootes, um das Netz auszubringen. War der Fischgrund erreicht, ankerte der Kutter, Wade und Leine wurden in die Jolle gebracht, die dann in der vollen Leinenlänge ringförmig von Kutter weggerudert wurde. Anschließend wurde die Wade mit Hilfe der Netzwinde an Bord geholt. War die Wade geleert, wurde in einem etwas anderen Winkel die Wade wieder hinausgerudert. Sobald man in einem großen Kreis um den Anker des Kutters den Grund leergefischt hatte, wurde der Anker gelichtet und an einem anderen Grund begonnen.

Die originale dänische Bezeichnung für das Netz ist Snurrevod. Dementsprechend wurden die Fischereifahrzeuge Snurrevodskutter genannt (Geschlecht: Fælleskøn -> Snurrevodskutteren, Mehrzahl: Snurrevodskuttere).
"Snurre" steht neben anderen, ähnlichen Bedeutungen wie schnurren, surren, brummen, summen, sirren hier wohl für "(vollkommen) rund laufend", eben genauso wie ein "schnurrendes" Rad; oder einfach verkürzt aus "snurre rundt" für "kreiseln" oder "schnell drehen". Wörtlich könnte man "snurrevod" dementsprechend wohl mit "schnurrende Wade" übersetzen. Verständlicher wäre aber "kreiselnde" oder "schnell drehende Wade" bzw. verkürzt "Drehwade". Jedoch sind diese Begriff im Deutschen nicht üblich. Zudem hat der vermeindlich alternativ nutzbare Begriff "Ringwade" im Deutschen eine ganz andere Bedeutung! Daher wurde das Original in angepasster Schreibweise ins Deutsche entlehnt: Das Netz heißt Snurrewade und dementsprechend die Kutter Snurrewadenkutter.

Haikutter

Der ursprüngliche Begriff

Haie war anfänglich eine verächtliche Bezeichnung für die ersten Snurrewadenkutter, die etwa zwischen 1903 (u.a. HVITFELDT und PROVIDENCE) und zum Ende des 2. Weltkrieges (JENNY KRUSE) vereinzelt auch bis 1962 (JOHS. HEJLSEN (HG.159)) gebaut wurden, die durch die Ablösung der Segel durch den Glühkopfmotor als Hauptantrieb unabhängig vom Wind die Fangweise änderten, indem sie selbstständig ohne Einsatz der Snurrejolle Leinen und Waden auslegten und mit reduzierter Takelage und somit mit Platz für ein kleines schützendes Steuerhaus bei fast jeder Witterung einsatzfähig, zuverlässiger, wesentlich effektiver und schneller - und somit gewinnbringender - fischen konnten als die bisherigen Fahrzeuge.

Haikutter war zunächst also nichts anderes als ein Schimpfwort der neid- und leidvollen Wettbewerber, die sich einen Neukauf oder Umbau zur Wiederherstellung ihrer Konkurrenzfähigkeit nicht leisten konnten.

Haikutter waren wie ihre Vorgänger als Galeasse (Ketsch) aber mit reduzierter Segelfläche oder sogar nur noch als Kutter getakelt. Sie waren ca. ?? bis ?? m lang, wurden bevorzugt mit einem überhängenden elliptischen Heck gebaut wobei der Rumpf ....? (Hier fehlt noch etwas! Zuarbeit ist willkommen!)

Der Motor

Dampfmaschinen waren durch ihre Kessel auf den kleinen dänischen Holzkuttern zu platzraubend und wurden ab 1890 höchstens in kleinerer Form als Hilfmaschinen für die Netzwinden verwendet.
Eine Ausname bildet hier der Kutter W. KLITGAARD, der 1891 als erster in Dänemark eine Dampfmaschine als festeingebauten Hilfsantrieb erhielt. Als Hauptantrieb und somit Segelersatz war er aber mit einer Leistung von PS noch nicht geeignet. Später wurden die Dampfmaschinen durch Petroleummotoren abelöst, die ab 1900 mit geringer Leistung auch auf den Snurrejollen eingesetzt wurden.
Die ersten Petroleummotoren, die in die Kutter als Hilfsantrieb eingebaut wurden, hatten nur eine geringe Leistung von 6-16 PS und reichten gerade mal für Hafenmanöver und zum Freihalten von Küsten bei auflandigem Wind.

Die Revolution begann 1894 mit dem Bau des ersten ausgereiften, praxistauglichen dänischen Glühkopfmotors, mit dem nun ein einfacher, anspruchsloser, aber zuverlässiger, ausreichend starker, und relativ preiswerter Motor zur Verfügung stand. Glühkopfmotoren können sowohl mit normalem Dieselkraftstoff als auch Schweröl, Tran oder Paraffin, mit allen Pflanzenölen und sogar mit Teeröl betrieben werden.

1903 wurden die ersten Snurrewadenkutterneubauten mit bereits eingebauten Glühkopfmotor geliefert, der ausreichend stark war, um als Hauptantrieb zu dienen.

Ursprünglich machte also ausschließlich der Motor als vollwertiger Hauptantrieb die Kutter der damaliegen Zeit zu "Haien", die lautstark mit rauschender Bugwelle bedrohlich und vorallem schnell wie der namensgebende Raubfisch in die Fanggründe einbrachen, diese schneller als die anderen Fischer leerfischten und vor diesen wieder im Hafen waren, um die besten Preise zu erzielen.

JENNY SKOMAGER als Votivschiff
am 01.08.2018
in der Heiliggeistkirche in Hvide Sande
© Andreas Zedler
Bedeutungsverschiebung

Als in Dänemark wohl schon keine Hochseekutter mehr ohne Hauptmotor gebaut wurden, dieser somit als Unterscheidungsmerkmal nicht mehr geeignet war, erfolgte eine Bedeutungsverschiebung des Begriffes "Haikutter": Das runde bis elliptische (überhängende) Heck und die Rumpfform der ersten vollmotorisierten Snurrewadenkutter entwickelten sich zum Unterscheidungsmerkmal bei der Verwendung der Bezeichnung Kutter vom Typ "Hai".

Damit fallen in diese weiter gefasste Definition auch ältere größere Kutter aus der Vor-Haikutter-Ära, die zwar schon die typische Rumpfform der späteren "echten" Haikutter - wenn auch mit weniger Sprung und deutlich gebogenen Vordersteven - aber noch eine vollwertige Ketschtaklung als Hauptantrieb hatten. Beispiele hierfür sind die in Frederikshavn gebauten Schiffe ANNA (1875), HANSINE (1898) und JENS KROGH (1899).
HANSINE hatte früher ein rundes Heck, was bei einer späteren Restaurierung seltsamerweise in ein Spitzheck geändert wurde.

Eine Sonderstellung in mehrfacher Hinsicht nimmt W. KLITGAARD aus der Vor-Haikutter-Ära ein: Klarer als bei anderen ist hier das Vorbild englischer Smacken und Drifter zu erkennen.
Der Einfluss der eigenen skandinavischen Bootsbautradition ist selbst gegenüber der älteren ANNA (1875) nochmal zurück gedrängt. Selbst das Heck ist ein nur leicht gewölbter Spiegel.
Desweiteren erhielt der Kutter bereits mit seinem Bau 1891 als erster einen festeingebauten Hilfsantrieb, auch wenn dieser mit seiner geringen Leistung als Hauptantrieb und somit als Segelersatz noch nicht geeignet war.
Unüblich war auch die Ausführung des Motors als Dampfmaschine, da diese unter Deck der Kutter eigentlich zu platzraubend waren.

Weiterhin fallen dann in die erweiterte Definition auch Kutter, die zwar eine Bünn für den Transport lebender Meerestiere besaßen wie die Haikutter, aber für den Fang weder ausgerüstet waren noch dafür eingesetzt wurden, wie z.B. die Hummerkvase TRE VENNER.

In Norwegen wurden dann ähnliche Kutter in verschiedenen Größen u.a. auf den Lofoten gebaut.


erstellt: 01.07.2003; zuletzt geändert: 11.11.2019
© Andreas Zedler mail@andreas-zedler.de

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